Als Düsseldorfer Sozialdemokrat:innen macht uns die Nachricht vom Tod Herbert Schnoors sehr traurig. Mit ihm ist ein über alle Parteigrenzen hinweg höchst anerkannter Genosse und Wegbegleiter von uns gegangen. Als Chef der Staatskanzlei, Innenminister und stellvertretender Ministerpräsident an der Seite von Johannes Rau hat Herbert Schnoor die nordrhein-westfälische Politik über mehr als zwei Jahrzehnte geprägt. Als Düsseldorfer Landtagsabgeordneter hat er die Interessen der Bürgerinnen und Bürger seiner Stadt mit Leidenschaft vertreten und bei den Landtagswahlen 1985 und 1990 im Düsseldorfer Norden das Direktmandat für die SPD gewonnen.
Bereits unter Ministerpräsident Heinz Kühn wurde Schnoor 1970 als Staatssekretär im Ministerium für Wissenschaft und Forschung in die Landesregierung berufen. Von 1975 bis 1980 leitete er sowohl unter Kühn als auch unter Johannes Rau die Geschicke in der Staatskanzlei. Nachdem die SPD bei den Landtagswahlen 1980 die absolute Mehrheit erringen konnte, berief Rau Schnoor zum neuen Innenminister – ein Amt mit vielen Herausforderungen, das er für 15 Jahre erfolgreich prägen sollte.
Mit seinem Namen ist die „NRW-Linie“ in der Innenpolitik verknüpft, die es vermocht hat Liberalität und die Schutzfähigkeit des Staates miteinander zu verbinden. Durch eine kluge und behutsame Politik hat er die Deeskalation von gesellschaftlichen Konflikten als Leitlinie in der nordrhein-westfälischen Polizei verankert. So konnten die großen Demonstrationen der 1980er Jahre in der Hochzeit der Friedensbewegung und in der Auseinandersetzung um die Arbeitsplätze in der Stahlindustrie (Rheinhausen) friedlich auf zentrale gesellschaftliche Herausforderungen hinweisen. Die Verteidigung des Demonstrationsrechtes als „Pressefreiheit des kleinen Mannes“ war dabei seine Handlungsmaxime. Und auch in Düsseldorf hat er es zusammen mit Sozialdemokrat:innen in der Stadtpolitik und -verwaltung vermocht im Konflikt um die Hausbesetzungen auf der Kiefernstraße für einen Ausgleich und eine friedliche Lösung zu sorgen. Doch ebenso konsequent hat er sich Zeit seines Lebens und gerade auch aus eigenem Erleben der Schrecken des Nationalsozialismus gegen die Feinde der Demokratie gewandt. Sein konsequentes Eintreten gegen Rassismus und Antisemitismus und gegen rechtsextremistische Organisationen hat dabei gezeigt, dass der demokratische Staat nicht wehrlos ist. Mit gleicher Hingabe hat er sich für die Rechte von Minderheiten und Verfolgten eingesetzt, für die er für ein liberales Asylrecht und humane Aufnahmeregelungen gestritten hat. In jeder Situation und in jedem Amt menschlich zu sein, waren seine Charaktereigenschaften, die von so vielen seiner Zeitgenossen an ihm geschätzt wurden.
Damit war er, wie Willy Brandt und Hans-Jochen Vogel zu ihren Lebzeiten über Herbert Schnoor gesprochen haben, prägend für eine sozialdemokratische Sicherheits- und Ordnungspolitik und ein Staatsverständnis, in dem „nicht Ruhe, sondern Mitwirkung, Mitgestaltung und Mitverantwortung die erste Bürgerpflicht“ sei und „der Staat aus einer Position der Selbstbescheidung zu agieren hat“.
Erst vor wenigen Wochen ist Herbert Schnoor 94 Jahre alt geworden. 57 Jahre davon war er Mitglied der SPD. Wir verlieren einen aufrechten Sozialdemokraten und lieben Menschen. Unsere Gedanken sind bei seiner Familie.